Über vier Tage hinweg erarbeiteten die Jugendlichen zusammen mit Semor Skizzen, Motive, übten sich an der Verfeinerung ihrer „Tags“, um schließlich das große Kunstwerk in der Unterführung sowie eine Leinwand für das Jugendzentrum Hamm (Sieg) zu planen und zu gestalten. Zu Beginn des Projekts besuchten die Jugendlichen mit dem Streetworker eine Führung durch das Raiffeisenmuseum und lernten in diesem Zuge etwas über die Genossenschaftsidee und die Werte, für die Raiffeisen einstand.
Respektvolles Sprayen in Wohlfühlatmosphäre
Mit diesem Input erarbeiteten die Jugendlichen mit Semor ihr Konzept für die zu gestaltende Wand. Das Motiv sollte auch zugunsten der häufigsten Nutzer des Raiffeisenstadions ausgewählt werden: Vereine wie der VfL Hamm und allgemein die Sportbegeisterten der Umgebung. Daher fiel die Wahl auf das Motto „Respect“, verbunden mit verschiedenen Schlagwörtern wie „Fair Play“ und „Teamgeist“. Für die Jugendlichen selbst war das Projekt eine Chance, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen, neue Techniken und Motive auszuprobieren und buchstäblich eine eigene Handschrift zu entwickeln.
„Auch wenn ich nicht wirklich künstlerisch begabt bin, was Zeichnen und Malen angeht – es macht einfach Spaß“, so einer Teilnehmenden, der mit selbst geschriebenen (Rap-)Texten dennoch eine kreative Ader mitbrachte. Ein weiterer Jugendlicher erklärte: „Für mich bedeutet Graffiti einfach abschalten, sich darauf zu fokussieren, was einem gerade so in den Kopf kommt.“ Auch mit dem gewählten Motto konnten sich die Teilnehmenden identifizieren. In diesem Zusammenhang war besonders schön der Umgang der Jugendlichen miteinander zu beobachten: man gab sich Hilfestellung und Tipps, genauso wie es gegenseitiges Lob und Anerkennung gab.
Schließlich kreierten die Jugendlichen mit eigenen, besprayten Leinwänden noch ihr persönliches Andenken zum Mitnehmen. Für Streetworker Noel Schuller standen bei dem Projekt vor allen Dingen die Aspekte Prävention und Aufklärung im Mittelpunkt, sowie der Spaß an der Sache. Vielversprechend auch in seinem Resümee: In den vier Tagen wurden neue Ideen entwickelt und gemeinsam mit den Jugendlichen Ansätze für zukünftige Projekte entdeckt.
Was Graffitikünstler Semor über Graffiti denkt
Kai „Semor“, der ursprünglich in Seelbach aufgewachsen und mittlerweile als bekannter Graffitikünstler in Köln lebt, betrachtet Graffiti als Lebensgefühl. „Graffiti ist Therapie, Liebe, Hass; eine Möglichkeit, sich auszudrücken und treiben zu lassen.“ Die Kunst und ihre Liebhaber:innen reichten einmal quer durch die Gesellschaft und hätten immer wieder seinen Horizont erweitert und ihm neue Türen geöffnet. „Wahnsinn, wo Graffiti mich überall hingebracht hat“, erklärt er in einer ruhigen Minute im Rückblick und erzählt von vielen Reisen, die ihm die Kunst ermöglicht hat. „Den Jugendlichen sage ich immer: „Ihr könnt das genauso!“ – Letztendlich sind es nur Buchstaben, mit einer persönlichen Note und eigenem Stil.“ – …Buchstaben, die Perspektiven eröffnen können, wie das Graffitiprojekt bereits andeutete. (jr)